Selbstportrait einer KI. Mit "Stable Diffusion" erzeugtes Bild / Copyright: ZDF/ [M] Janin Renner mit KI Stable Diffusion

Revolution in den Kreativberufen: 3sat zeigt "Kollegin KI übernimmt"

Eine Kulturdokumentation von Nicole Blacha und Janin Renner

Die KI-Revolution ist die wohl größte technologische Umwälzung seit der Industrialisierung. Sie wird auch die Arbeitswelt der Kreativbranche radikal verändern. Ein Grund zur Sorge? Die Kulturdokumentation "Kollegin KI übernimmt" am Samstag, 3. Juni 2023, 19.20 Uhr, zeigt die konkreten Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf die Arbeit von Kreativschaffenden und wirft gleichzeitig wichtige ethische und rechtliche Fragen auf. Neben den direkt betroffenen Kreativen kommen Forschende wie KI-Expertin Tina Klüwer und die Juristin Marieke Merkle zu Wort, die die KI-Revolution einordnen. Wie können sich Kreative aller Art vor KI-Ideenklau schützen? Welchen Jobs geht es derzeit besonders an den Kragen? Und welche neuen Jobs entstehen durch KI? Ein Beben geht durch die Branche, und es wird prophezeit: Das ist erst der Anfang!

 

Und am Freitag, 9. Juni 2023, 18.30 Uhr, zeigt 3sat "nano spezial: Die KI erwacht" mit  Ingolf Baur. Er fragt: Was bedeutet es für uns, wenn die KI erwacht? Wie mächtig, wie gefährlich können solche Systeme werden? Und: Darf man überhaupt etwas erschaffen, das leidensfähig ist? 

Dokumentation
Sa 03. Jun
19:20 Uhr
Erstausstrahlung

Programme wie ChatGPT, Midjourney, DALL-E 2, Stable Diffusion, Murf AI oder AIVA erschaffen in einem Bruchteil menschlicher Arbeitszeit fotorealistische Bilder, Drehbücher, Filme samt KI-generierter Stimmen oder Nachrichten. Mit einem "Tsunami" vergleicht Sprecher und Tonstudio-Besitzer Umut Dirik die derzeitige Entwicklung. Noch stünden die meisten am Strand und blickten der Welle seelenruhig entgegen: "Ich glaube, dass viele noch nicht ganz begriffen haben, was diese KI alles machen wird, wie viele Jobs sie eventuell ersetzen wird, wie viele Menschen davon betroffen sein werden." Er selbst bekommt schon jetzt zu spüren, dass Aufträge wegbrechen. Erklärvideos, Infotexte und Telefonschleifen werden längst nicht mehr von echten Menschen, sondern von einer KI gesprochen.

 

Die Kinderbuch-Illustratorin Gila von Meissner hat das Potenzial hinter dem KI-Hype erkannt und nutzt Bildgeneratoren wie Midjourney, die aus Stichworten sekundenschnell Bilder schaffen und ihre Arbeitszeit für ein Buch erheblich reduzieren: "Ein Bilderbuch zieht sich sonst über drei bis sechs Monate. Mit KI-Unterstützung habe ich das letzte Buch in zwei Wochen gemacht." Sie ist begeistert von der neuen Technologie. Doch wie wird sich diese Technologie mittelfristig auf ihren Beruf auswirken? Werden die Honorare zusammenschmelzen? Hat sie mehr Freizeit - oder werden ihr andere die Arbeit wegschnappen, weil sie plötzlich mit KI um ein Vielfaches produktiver sind?

 

Auftragseinbußen, Bilderklau und massenweise Kopien seines Stils beklagt der polnische Künstler Greg Rutkowski. Als er herausgefunden hat, dass seine Werke - ungefragt und unvergütet - dazu benutzt worden sind, um KI-Programme zu trainieren, hat er sich einer Sammelklage angeschlossen. Der Vorwurf: Urheberrechtsverletzungen. Auch Getty Images führt aus demselben Grund einen Rechtsstreit gegen das Software-Unternehmen Stability AI.

 

Juristinnen und Juristen sind sich einig: Das ist erst der Anfang einer Klagewelle. In Zukunft muss geklärt werden: Wie viel Mensch muss in mithilfe von KI-generierten Produkten stecken, um urheberrechtlich geschützt zu sein? Oder sollen künstlichen Intelligenzen auch Rechte für geistiges Eigentum zugesprochen werden? Und vor allem: Wie können sich Künstlerinnen und Künstler vor dem "KI-Bilderklau" rechtlich schützen?

 

Rutkowski vergleicht die KI-Entwicklung mit der Erschaffung der Atombombe. In den falschen Händen kann die Technologie jetzt schon fatale Folgen für Demokratie und Sicherheit haben. Täuschend echte KI-generierte "Deep-Fake-Inhalte" fluten bereits jetzt das Netz. Lässt sich in Zukunft noch zwischen Fake und Original unterscheiden?

 

Ende März 2023 forderten Hunderte Forscher und Unternehmer wie Tesla-Chef Elon Musk, Historiker Yuval Noah Harari und Apple-Co-Gründer Steve Wozniak in einem offenen Brief einen halbjährigen Entwicklungsstopp von besonders leistungsfähiger KI. Ihr Warnruf: Das Tech-Wettlaufen sei außer Kontrolle geraten und könne "tiefgreifende Risiken für die Gesellschaft und die Menschheit darstellen". Aber ist dieser Aufruf berechtigt?

 

Italiens Datenschutzbehörde hat Ende März ChatGPT mit der Begründung des Verstoßes gegen den Daten- und Jugendschutz zeitweise gesperrt. Der Deutsche Ethikrat hat eine fast 300 Seiten lange Stellungnahme herausgegeben und mahnt: "KI darf den Menschen nicht ersetzten." Informatikprofessor und Stable-Diffusion-Miterfinder Björn Ommer an der LMU München sieht ebenfalls ethische Herausforderungen: "Natürlich müssen wir uns darüber Gedanken machen, wo wir mit der Entwicklung von künstlicher Intelligenz hingehen wollen, ob der Mensch geschützt werden sollte."

 

Fotos zur Sendung finden hier.

Hauptabteilung Kommunikation

Claudia Hustedt
hustedt.cwhatever@zdf.de
Mainz, 10. Mai 2023