
"WissenHoch2" über das neue Bild vom eigenen Körper
Mit einer Wissenschaftsdoku über Body Positivity und einer Ausgabe von "scobel" über die Wechselwirkung zwischen Körper und Bewusstsein
Ob extra Pfunde, schiefe Zähne, auffällige Narben oder dünnes Haar – Menschen mit vermeintlichen Makeln werden häufig von Selbstzweifel und Scham geplagt. Sind wir von einem offenen Verständnis von Schönheit noch weit entfernt, während überall von Vielfalt geredet wird? "WissenHoch2" beschäftigt sich am Donnerstag, 2. Dezember, ab 20.15 Uhr, in der Dokumentation "Body Positivity – Das neue Bild vom eigenen Körper" mit dem Blick auf den eigenen Körper. Im Anschluss, um 21.00 Uhr, folgt "scobel - Wie der Körper das Bewusstsein erschafft". Darin diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen über die Wechselwirkung zwischen Körper und Bewusstsein. Erstausstrahlungen.
20:15 Uhr
Unser Aussehen bestimmt stark unser Selbstwertgefühl – und oft nehmen wir unseren Körper negativer wahr als andere ihn sehen. Schönheitsideale sind von Kultur zu Kultur sehr unterschiedlich. Gebräunte Haut und dünne Körper gelten beispielsweise in vielen Ländern als Zeichen von Armut. Die Kosmetikfirma "Dove" sorgte 2005 für Schlagzeilen, als sie mit ihrer "Initiative für wahre Schönheit" erstmals Frauen ohne Modelmaße in ihre Werbespots integriert. Noch immer bricht das Unternehmen mit den gängigen Schönheitsidealen und setzt auf "diversity". Mittlerweile buchen immer mehr Firmen Models, die irgendwie anders sind - mit vermeintlichen Makeln. Sie wollen ihren Produkten mehr Glaubwürdigkeit verleihen. Auch im Netz verzichten immer mehr Influencerinnen und Influencer auf Bildbearbeitungsprogramme und setzen auf Natürlichkeit. Die Dokumentation "Body Positivity - Das neue Bild vom eigenen Körper" geht weg von klassischen Idealen hin zu einem diversen Verständnis von Schönheit, bei dem die individuelle Einzigartigkeit in den Fokus gerückt wird. Autor Volker Wasmuth trifft Models mit Downsyndrom und Körperprothesen, begleitet eine Haartransplantation und lässt Fachleute wie den Attraktivitätsforscher Professor Lars Penke oder die "Diversity"-Spezialistin Anuschka Rees zu Wort kommen. Aber: Sind das alles Vorboten eines tiefgreifenden gesellschaftlichen Umbruchs - oder steckt dahinter nur ein neues Marketinginstrument?
Um 21.00 Uhr folgt "scobel - Wie der Körper das Bewusstsein erschafft". Ohne "Embodiment", wie ein Forschungsgebiet zur Wechselwirkung zwischen Körper und Bewusstsein heißt, gibt es weder ein Bewusstsein noch Intelligenz. Die Fachrichtung gewinnt in Zeiten sozialer Distanz an neuer Bedeutung – und liefert auch erstaunliche Erkenntnisse zur Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz. "Ich denke, also bin ich", behauptete der Philosoph René Descartes - und outet sich damit als Anhänger des Dualismus, der Körper und Geist als voneinander getrennte Einheiten betrachtet. Das Leib-Seele-Problem beschäftigt die Philosophie bis heute. Nicht Gehirn und Geist bestimmen über den Körper, sondern der Körper ist Ursprung des Denkens. Die Kognitionswissenschaften wiederum betrachteten das Gehirn bislang als eine Art Computer, das auch völlig ohne Verbindung zum Körper Sitz unseres Bewusstseins sein kann. Die "Embodiment"-Forschung in Psychologie, Neurowissenschaften und kognitiven Neurowissenschaften sammelt nun immer mehr Erkenntnisse darüber, dass grundlegende Funktionen des Fühlens, Denkens und des Ich-Bewusstseins ohne körperliche Interaktion mit der Welt und unbewusste Wahrnehmungen aus dem Körper selbst nicht möglich sind. Sollten wir also den Dualismus à la Descartes, der unser Leben, Denken und unsere wissenschaftliche Erkenntnis bisher bestimmt, endlich aufgeben? Darüber diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen:
Helge Ritter ist Physiker, Neuroinformatiker und einer der Direktoren des Forschungsinstituts für Kognition und Robotik der Universität Bielefeld. Als Forscher interessieren ihn vor allem selbstorganisierende und lernende Systeme und ihre Anwendung in der Robotik und bei Mensch-Maschine-Interfaces. "Robots Exploring their Bodies Autonomously" (REBA) heißt eines seiner Projekte, das anthropomorphe Roboter befähigen soll, adaptive und flexible Schemata über den eigenen Körper herauszubilden.
Lena Kästner ist Juniorprofessorin für Philosophie des Geistes und Kognitive Systeme an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Ihre Forschungsinteressen sind Wissenschaftsphilosophie, Philosophie des Geistes und Philosophie der Kognitionswissenschaften.
Wolfgang Tschacher, Emeritus für Psychologie an der Universität Bern. Er leitete noch bis Mitte diesen Jahres die Abteilung für Experimentelle Psychologie der Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Als Forscher interessiert er sich für den empirischen Blick auf "Embodiment". Er untersucht dabei unter anderem mit systemtheoretischen Ansätzen die Interaktion zwischen Körper und Psyche.
"WissenHoch2" – ein Thema, zwei Formate: Um 20.15 Uhr beleuchtet eine Dokumentation relevante wissenschaftliche Fragen; um 21.00 Uhr diskutiert Gert Scobel zum gleichen Thema mit einem interdisziplinären Team von Expertinnen und Experten.
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Mainz, 13. Oktober 2021