Zu Tisch ... in Albanien

Film von Eberhard Rühle
Mo 06. Mär
11:54 Uhr
(Erstsendung: 07.04.2013)
Familie Nika lebt im Norden Albaniens. Ihre über 100 Schafe liefern Milch, Wolle und Fleisch. Dazu baut die Familie Obst und Gemüse an. Kartoffeln und Bohnen sind Grundnahrungsmittel.

Im satten Grün des Talgrunds liegen mehrere Bauernhöfe am Ufer eines reißenden Gebirgsbachs, dahinter erhebt sich die mächtige Bergkulisse der albanischen Alpen. Vor dem Stall eines Bauernhofs weidet eine Schafherde. Sie gehören der Familie Nika.

Während der Bauer Ded Nika die Herde zusammentreibt, melken seine Mutter und seine Frau die Tiere. Familie Nika lebt mit ihren vier Kindern und der Großmutter in einem entlegenen Tal Nordalbaniens in der Nähe des Dorfes Theth.

Nach dem Melken treibt Deds Sohn Christian die Schafe auf die Bergweide. Seit Jahrhunderten sind die Tiere die Lebensgrundlage der Bauern in der Hochgebirgslandschaft an der Grenze zu Montenegro. Ohne ihre Milch, ihre Wolle und ihr Fleisch wäre das Überleben in den Hochtälern auf mehr als 1000 Metern Höhe nicht möglich. Wer wie Familie Nika mehr als 100 Tiere besitzt, gilt als wohlhabend, denn Schafe sind eine Lebensversicherung gegen Armut und Hunger. Wer Geld braucht, um einen Arzt zu bezahlen oder in der Stadt Salz und Mehl zu kaufen, verkauft ein Schaf.

Während der langen und schneereichen Winter sind die Tiere die wichtigste Nahrungsquelle. Doch die Schafe müssen nicht nur gemolken und geschoren werden, jeden Tag brauchen sie auch neue Weidegründe, die in den steilen Gebirgstälern an der Grenze zu Montenegro rar sind. Im Herbst dauert der Aufstieg zu den letzten fruchtbaren Bergweiden oft viele Stunden.

Bauer Ded öffnet eine kleine Schleuse am Rande seines Hofes, um seine Felder zu bewässern. Er baut fast alle Nahrungsmittel, die die Familie zum Leben braucht, selbst an: Mirabellen und Äpfel, Tomaten, Zucchini, Bohnen und Kartoffeln, Weintrauben, Nüsse und Mais. Ein ausgeklügeltes Kanalsystem versorgt die Anbauflächen mit Wasser. "Bauer zu sein, habe ich seit meiner Kindheit gelernt", erzählt er. "Mit Landwirtschaft haben wir uns unser ganzes Leben lang beschäftigt. Es wird quasi vererbt. Wer hier lebt, muss sich mit Tierhaltung und Landwirtschaft auskennen." Während seine Frau Spresa frische Erbsen, Zwiebeln und Zucchini für das Abendessen erntet, verteilt er den Tierdung aus dem Stall im Wasser, damit die Feldfrüchte besser wachsen. Wie schon Generationen vor ihm kommt Ded ohne Maschinen, Chemie und Kunstdünger aus.

Im Sommer kocht seine Frau Spresa nicht nur für die Familie, sondern auch für Wandertouristen, die in ihrem Haus übernachten. Kartoffeln und Bohnen sind die Grundlage für viele Gerichte der Gegend, dazu Gemüse, Zwiebeln, Salat und Schafskäse. Manchmal bereitet Spresa auch Lammfleisch oder frische Forellen aus dem Wildbach hinter dem Haus zu. Nicht nur Spresa und Ded, viele Bauern der Gegend profitieren inzwischen von den Gästen, die den Weg in die Albanischen Alpen finden. Das früher so harte und karge Leben in den Bergen ist dadurch sehr viel leichter geworden.

Einige Bauern, die in den Bürgerkriegswirren von 1997 ihre Heimat verlassen haben und auswanderten, kehren heute zurück in das entlegene Tal im Norden Albaniens. Ded ist damals nicht weggegangen, als überall Chaos herrschte. "Wir sagen hier: Der Stein wiegt schwerer im eigenen Land", erzählt er mit selbstbewusster Miene. "In der eigenen Heimat hat man mehr Gewicht und wird respektiert. Und wie Sie wissen, gibt es im Ausland auch nicht genug Arbeit und deshalb kehren jetzt viele zurück."

ZDF/ARTE
Dokumentation
Kultur: Ernährung, Küche

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