Rabiat: Putins Krieg - Ist das noch mein Russland?

Film von Natalia Konyashina
Mi 19. Apr
21:01 Uhr
(Erstsendung: 08.12.2022)
Die "Rabiat"-Autorin Natalia Konyashina lebt seit 25 Jahren in Deutschland. Und wollte eigentlich, dass ihre kleine Tochter neben dem deutschen auch den russischen Pass bekommt.

Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine zweifelt sie jedoch daran, ob das eine gute Idee ist. Natalia unternimmt eine Deutschlandreise zu anderen Menschen, die Russland verbunden sind - oder es waren. Wer will jetzt noch freiwillig russisch sein?

Wie geht es anderen Menschen mit ähnlichem postsowjetischen Hintergrund in Deutschland? Wie können manche von ihnen Putins Krieg gutheißen? Was unternehmen wiederum andere, um ihren Protest gegen den Krieg auszudrücken? Und wie kommen Menschen aus Russland und der Ukraine untereinander klar?

"Ich liebe Putin", das sagt eine 42-jährige Spätaussiedlerin aus Hessen ganz offen. Die Friseurin, die ebenfalls Natalia heißt, ist Ende der 1990er-Jahre aus dem sibirischen Omsk nach Deutschland gekommen. Seit der russische Präsident Wladimir Putin an der Macht ist, könne sie wieder stolz auf ihr Heimatland sein, sagt sie. Als sie mit fast 18 Jahren nach Deutschland gekommen sei, habe sie sich für Russland unter dem damaligen Präsidenten Boris Jelzin geschämt. In den Nachrichten im Westen sei er immer betrunken und lächerlich gezeigt worden. Doch hinter Putin stehe sie - auch jetzt.

Das kann der 20-jährige Maksim nicht nachvollziehen. Er ist kurz nach dem Ausbruch des Kriegs aus Russland nach Deutschland geflohen. Gegen die Ukrainerinnen und Ukrainer zu kämpfen, war für ihn schon damals unvorstellbar. "Lieber würde ich ins Gefängnis gehen", sagt er. Inzwischen arbeitet er in Deutschland als Model, hat eine Aufenthaltserlaubnis - aber nur unter der Voraussetzung, dass er seinen Lebensunterhalt selbst verdient. Doch angesichts des Kriegs fällt es ihm nicht leicht, vor der Linse immer gut drauf zu sein.

Alexander Grüner ist 1998, mit 17 Jahren, aus Russland nach Deutschland gekommen. Zusammen mit seinen Eltern, drei Geschwistern und etwa einem Dutzend weiterer Verwandter landete er praktisch über Nacht in der Metropole Berlin. Der Start war nicht einfach, aber er wollte die Erinnerung an die russische Kultur aufrechterhalten - mit einer Bar. Inzwischen treten in der eigentlich russischen Bar vorwiegend ukrainische Künstlerinnen und Künstler auf. Die Hälfte der Einnahmen spendet Grüner an ukrainische Hilfsorganisationen. Er unterstützt ukrainische Geflüchtete auch privat.

Wladimir Kaminer gilt als einer der bekanntesten Russen in Deutschland und setzt sich seit Jahren für eine Annäherung zwischen Russland und Deutschland ein. Im Film räumt er ein: "Ich schäme mich für mich, dass ich das nicht gesehen habe."

Autorin Natalia Konyashina sammelt auf ihrer Reise Argumente für und gegen den russischen Pass. Welche Entscheidung wird sie am Ende treffen?

ARD/SWR
Dokumentation
Gesellschaft: Krieg, Konflikt, Unruhen

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