Anja Fix (ZDF) und Petra Bender (ARD), Redaktionsleiterinnen der 3sat-"Kulturzeit" © ZDF/Dennis Weissmantel

Interview mit der Doppelspitze von "Kulturzeit" Anja Fix (ZDF) und Petra Bender (ARD)

"Ein täglicher Begleiter für Kopf und Herz"

Seit 30 Jahren bietet "Kulturzeit" aktuelle, kritische und vertiefende Berichterstattung. Welche Herausforderungen sehen Sie in der gewandelten Zeit – Stichwort: Digitalisierung, die damit einhergehenden Veränderungen sowie die aktuelle Weltlage? Welche Aufgabe hat die Kultur in dieser Zeit?

Petra Bender Der Kampf um Aufmerksamkeit in einem sehr dynamischen Bewegtbildmarkt betrifft natürlich auch ein etabliertes Format wie "Kulturzeit". Und in stark polarisierten Zeiten gibt es auch in der Kulturbranche Reibung und Erregungspotential. Für "Kulturzeit" heißt das: auch mal Ruhe bewahren, nicht nur mit Schnelligkeit reagieren, sondern sich mehr Zeit für Einordnung und Erklärung nehmen, tiefer bohren, neue Perspektiven suchen.

Anja Fix Dass es dafür nach wie vor einen Bedarf gibt, zeigen unsere gestiegenen Zuschauerzahlen auf allen Ausspielwegen. 2024 war das erfolgreichste Jahr für "Kulturzeit". Was die Aufgabe der Kultur in diesen Zeiten betrifft, so können gerade in einer digitalisierten Welt Kulturevents echte Gemeinschaftserlebnisse bieten. Menschen kommen zusammen, um live Musik zu hören oder einen Film zu schauen. Oft finden sie dabei einen neuen Blick auf unsere Gegenwart oder auch Trost in krisenhaften Zeiten. Diese Inspiration und auf eine Art auch Resilienz möchte "Kulturzeit" den Zuschauerinnen und Zuschauer vermitteln.

Mit der grenzüberschreitenden Kooperation der vier Sender ZDF, ORF, SRF, ARD nimmt "Kulturzeit" eine besondere Stellung unter den deutschsprachigen Kulturformaten ein. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?

Anja Fix Täglich ein so vielfältiges und aktuelles Angebot wie "Kulturzeit" zu stemmen, das geht nur im Verbund mit starken Partnern und dem Programmvermögen des gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Alle vier Sender stehen seit 30 Jahren zu dieser Partnerschaft und füllen sie täglich mit Leben. In den Kulturredaktionen der drei Länder finden wir zuverlässige Mitstreiter, Ideengeber und manchmal auch ein notwendiges Korrektiv, wenn unser Blick aus Mainz auf die Weltlage zu deutsch, zu einseitig ist.

Petra Bender In der Schweiz hat sich z. B. gerade ein neues Team für "Kulturzeit" zusammengefunden, das uns mit eigenen Themen beliefern kann. Und wir sind dankbar für die Unterstützung aus den In- und Auslandsstudios der Sender. In der Mainzer Redaktion arbeiten zudem Kolleginnen und Kollegen aus dem HR, SWR und ZDF seit 30 Jahren zusammen. Im Alltag spielt die Senderherkunft keine Rolle, im Fokus steht das gemeinsame Produkt "Kulturzeit". Aber das senderübergreifende Team ist nah dran an den Entwicklungen in den jeweiligen Mutterhäusern. Das bleibt wichtig für das Partnerformat "Kulturzeit", das auf täglichen Austausch und Zulieferungen angewiesen ist.

Sie sind beide seit vielen Jahren in der Redaktion. Wie hat sich die Sendung im Laufe der Jahre verändert?

Petra Bender Der Kern des Formats, die aktuelle Einordnung gesellschaftlicher Debatten verbunden mit der Vielfalt des kulturellen Lebens der drei Länder, ist noch immer sehr vital und erfolgreich. Aber die Sendung ist in drei Jahrzehnten natürlich auch gewachsen an Erfahrung, Professionalität und in der Zusammenarbeit in einem länder- und senderübergreifenden Team. Vielleicht sind wir als Redaktion nicht mehr ganz so verspielt wie am Anfang, wo auch mal Hühner durchs Studio liefen. Wir sind erwachsener geworden, ohne die Lust an Neuem zu verlieren.

Anja Fix Dazu gehört auch, dass "Kulturzeit" in den letzten Jahren nahbarer geworden ist. In den Erzählweisen und der Themenauswahl, mit unseren Moderatorinnen und in der Studiogestaltung. Bei allem journalistischen Anspruch, und der muss hoch bleiben, will "Kulturzeit" kein elitäres Feuilleton sein, sondern Kultur für alle bieten. Als täglicher Begleiter für möglichst viele Zuschauerinnen und Zuschauer, der sortiert und inspiriert, Kopf und Herz anspricht.

Welche "Kulturzeit"-Sendung ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben und aus welchem Grund?

Petra Bender Extra-Sendungen wie eine ganze "Kulturzeit" auf Latein bleiben in Erinnerung, weil sie bis heute einzigartig sind. Aber das, was "Kulturzeit" ausmacht, ist die tägliche Livesendung. Aktuell reagieren zu können und die ganze kulturelle Vielfalt im Blick zu haben und das über 200 mal im Jahr. Damit ist "Kulturzeit" für die Zuschauerinnen und Zuschauer zu einem verlässlichen und vertrauten Format geworden jeden Abend um 19.20 Uhr im TV und immer in den Streamingangeboten.

Anja Fix Persönlich in Erinnerung bleibt in diesem Jahr die Papstwahl. Als nach langem Warten wenige Minuten vor Sendestart der Name des neuen Pontifex endlich verkündet wurde, war klar, dass wir das live kommentieren und einordnen können. Das sind natürlich besonders aufregende Momente, in denen "Kulturzeit" davon profitiert, dass wir live senden können.

Wie sieht die "Kulturzeit" in der Zukunft aus?

Anja Fix "Kulturzeit" wird sich breiter aufstellen müssen, nicht nur inhaltlich, sondern auch auf digitalen Ausspielwegen, damit unsere Inhalte in den Streamingangeboten noch sichtbarer werden und auffindbar bleiben. Außerdem wird "Kulturzeit" noch direkter den Austausch mit den Zuschauerinnen und Zuschauern suchen. Dafür werden wir künftig auch Dialog-Tools wie den Public Spaces Incubator nutzen können, die gerade für öffentlich-rechtliche Streaming-Portale entwickelt werden. Zum 30. Jubiläum haben wir eine Umfrage bei "ZDFmitreden", ein weiteres Tool, gestartet. Fast 19.000 Zuschauerinnen und Zuschauer haben sich beteiligt. Neben berechtigter Kritik und viel Zuspruch hat uns vor allem beeindruckt, wieviel die Zuschauerinnen und Zuschauer in Freitextantworten mit uns geteilt haben, über die Bedeutung von Kultur für ihr persönliches Leben und die Demokratie insgesamt.

Petra Bender Eine häufige Rückmeldung war außerdem, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer von "Kulturzeit" ein noch größeres Spektrum erwarten. Das meint alle Genres und Bereiche des kulturellen Lebens sowie einen sehr breiten Meinungskorridor, zum Mitdenken und Weiterdenken. Daran werden wir als Redaktion arbeiten und auch unsere eigenen Prägungen und Perspektiven immer wieder hinterfragen. Unser Ziel muss sein, dass "Kulturzeit" als eines der wichtigsten Kulturformate im deutschsprachigen Raum weiterhin eine auffällige Stimme im öffentlichen Diskurs bleibt und möglichst vielen Zuschauerinnen und Zuschauer Teilhabe am kulturellen Leben ermöglicht.

 

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Jessica Zobel
zobel.jwhatever@zdf.de
Mainz, 13. August 2025