Die Filmemacherin Petra Mäussnest / Copyright: ZDF/Knut Schmitz

Director's Statement von Petra Mäußnest zu "Jonny Island"

Dokumentarfilm, Deutschland 2023

"Jonathans unerschütterliche Lebensfreude und sein Wille, trotz aller Schwierigkeiten und Widerstände nicht aufzugeben, sind beeindruckend und der Grund, warum ich seine Geschichte unbedingt erzählen wollte. Kennengelernt habe ich Jonathan als langjährigen Klassenlehrer meiner Tochter Lili. Jonathan war für die Schüler*innen und alle Menschen in seinem Umfeld ein ermutigendes Beispiel. Er ordnete sich selbst nicht in die Kategorien 'krank' und 'gesund', 'behindert' oder 'nicht behindert' ein, und die Schüler*innen lernten mit ihm, jeden Menschen mit seinen Eigenheiten ganz selbstverständlich anzunehmen. Ich wollte einerseits die Geschichte dieses außergewöhnlichen Menschen erzählen. Andererseits ist es auch die Geschichte einer Gemeinschaft, und wie diese in einer Krisenzeit mit einem Menschen wie Jonathan umgeht, der nicht mehr teilhaben kann. Dabei nimmt Jonathan nicht die Opferrolle ein. Er akzeptiert nicht, dass er sich, weil er sich vor Covid-19 schützen muss, aus seinem Berufsleben zurückziehen soll. Das wird zur Provokation für die Eltern und die Lehrer*innen der Schule. Denn sie müssen sich positionieren. Bleibt es bloß bei einem Lippenbekenntnis für Inklusion oder setzen sie sich wirklich dafür ein?"

3satDokumentarfilmzeit
Interview

"Dies spiegelt eine gesellschaftliche Realität in Deutschland wider. Denn Inklusion als Vision eines gleichberechtigten Zusammenlebens ist ein deklariertes Ziel, aber längst nicht verwirklicht. Jonathans Geschichte steht stellvertretend für die Situation vieler anderer Menschen mit Behinderung in Deutschland und ich möchte mit dem Film auch gesellschaftspolitische Fragen aufwerfen. Warum hängt die Entscheidung über Jonathans Weiterbeschäftigung allein von seinem Arbeitgeber, in dem Fall einer selbstverwalteten Waldorfschule ab? Sollte es nicht eine bindende gesetzliche Grundlage geben, die Jonathans berufliche Teilhabe gewährleistet und ihn gerade in einer akuten Krisensituation absichert?

 

Der Film erzählt von einem hoffnungsvollen Weg. Jonathan hat eine sehr optimistische Haltung, sich den Herausforderungen seines Lebens mit der Krankheit und auch der Auseinandersetzung mit dem Tod zu stellen - mit Mut, voller Humor und seiner Gabe, sich über jeden schönen Augenblick des Lebens zu freuen. Jonathans Perspektive auf das Leben ist stark und inspirierend. Er versteht es als Mutprobe, seine Herausforderungen sind für ihn Wachstumsaufgaben.

 

Nach dem Ende der Dreharbeiten ist Jonathan Schüddekopf im Dezember 2022 plötzlich und unerwartet verstorben. Das Zusammensein mit seinen Freunden und Mitmenschen war Jonathans Kraftquelle, sein Lebenselixier. Jetzt empfinde ich den Film umso mehr in Jonathans Sinne als Plädoyer, sich voller Freude ins Leben zu stürzen, Gemeinschaft zu leben, sich von ihr tragen zu lassen, sie zu genießen und jeden an ihr teilhaben zu lassen."

Hauptabteilung Kommunikation
Programmkommunikation

Claudia Hustedt
hustedt.cwhatever@zdf.de
Mainz, 18. Juli 2023