Erfüllter leben mit Heavy Metal

On Tour mit Professor Dr. Hartmut Rosa
Film von Isabell Roempke
Sa 24. Aug
19:20 Uhr
Erstausstrahlung
Von wegen Tod und Teufel: 40 Prozent aller Heavy-Metal-Fans geben an, dass ihnen die Musik "das Leben gerettet" habe. Was ist dran am Mythos Metal als Bastion der Außenseiter?

Der Soziologe und bekennende Metalhead Hartmut Rosa sieht im Heavy Metal eine ganzheitliche Lebensform. Um zu verstehen, was sie ausmacht, begibt er sich auf eine Reise zu den eigenen Metal-Wurzeln im Schwarzwald und zum Hochamt aller Fans: zum "Wacken Open Air".

Harte Gitarrenmusik, lange Haare, düstere Symbole: Für Außenstehende wirkt Heavy Metal wie Teufelszeug. Aber warum haben sich so viele Menschen dem Kult um die Musik verschrieben? Was ist der Hintergrund der schwarzen Symbolik mit ihrer Faszination für Dämonen, Dunkelheit und Tod? Und warum werden sogar Metal-Hochzeiten und -Begräbnisse gefeiert?

Der Soziologe und Politikwissenschaftler Hartmut Rosa liebt es, Heavy-Metal-Hymnen auf der Orgel zu spielen. Auch Metal-Feiern in der Kirche stören ihn nicht. Mit seinen umfangreichen Theorien zur Beschleunigung und zur Resonanz hat Rosa wesentlich zum Verständnis des Menschen in der Moderne beigetragen. Er sieht im Metal eine Möglichkeit, Resonanz zu erfahren in unserem beschleunigten, entfremdeten Alltag.

Im Gespräch mit anderen Metalheads überprüft Hartmut Rosa seine Theorie. In Ost-Berlin trifft er auf den Historiker Nikolai Okunew. Denn auch in der DDR verband Hardrock die Zugehörigen einer der größten Subkulturen des Landes. Für Politik interessierten sich die wenigsten. Die Konflikte zwischen dem politischen Regime der DDR und Heavy Metal lagen eher auf der emotionalen Ebene als in den Texten und Klängen. Theatralische Aggression, erdrückende Niedergeschlagenheit und rauschhafte Freude: Das alles wurde körperlich durch Headbangen, lautes Schreien oder wildes Tanzgerangel im Moshpit ausgedrückt. Wie wichtig ist das den Fans von damals heute noch?

Und wie steht es – in Zeiten von #MeToo - um den Sexismus in der Szene? Doro Pesch ist die "Queen of Metal": Schon vor 40 Jahren stand sie als Frontfrau der Band Warlock auf der Bühne und tourte mit Stars wie Lemmy Kilmister von Motörhead und Michael Schenker von den Scorpions. Als sie anfing, Musik zu machen, gab es nur eine Handvoll Frauen, und die Fans waren zu 98 Prozent Männer. Wie hat sie sich als Frau in der Szene durchgesetzt, und welche Rolle spielt ihrer Meinung nach Sexismus im Heavy Metal?

Beim Open Air 2024 in Wacken, wenn rund 85.000 Metal-Fans zusammen feiern, zeigt sich, was die Faszination des Heavy Metal noch immer ausmacht. Ob beim Headbangen, beim Crowdsurfing oder im Seelsorge-Zelt des Festivals und in der barrierefreien "Wheels of Steel Area" - für Hartmut Rosa ist überall zu spüren, worum es den Fans mit Hang zur schwarzen Romantik im Innersten geht: sich mit dem Weltganzen zu verbinden und zwar "nicht intellektuell, sondern auf eine magische Art und Weise". Wer einmal eine solche Resonanzerfahrung gemacht habe, werde immer wieder zu dieser Musik zurückkehren.

3sat
Dokumentation
Kultur: Musik allgemein

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