Bayerns Klöster unter dem Hakenkreuz

Film von Andrea Oster
Do 10. Nov
23:41 Uhr
(Erstsendung: 26.01.2022)
Am 13. Januar 1941 rief ein Geheimerlass der NS-Führung zum "Klostersturm" auf. Rund 300 Abteien im gesamten Reich fielen dem NS-Vernichtungskampf gegen geistliche Orden zum Opfer.

In Bayern waren rund 30 Klöster betroffen. Die Dokumentation erzählt anhand von drei Abteien, mit welcher Art von Repressalien und Übergriffen - bis hin zur Klosteraufhebung - die Ordensgeistlichen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs zu kämpfen hatten.

Die Klosteraufhebungen zielten auch gegen das Mönchswesen an sich, das gemäß der nationalsozialistischen Ideologie als schädlich für den deutschen "Volkskörper" angesehen wurde. So galten Ordensleute, die im Zölibat lebten, den Nazis als "unnütze Blindgänger".

Am Beispiel des fränkischen Klosters Münsterschwarzach, das am 9. Mai 1941 durch Würzburger Gestapobeamte aufgehoben wurde, lässt sich der Kampf um die Hoheit in der Abtei anhand eines bislang kaum bekannten Quellen-Schatzes minutiös rekonstruieren. Heimlich aufgenommene Fotos, Dokumente und Feldpostbriefe zeigen auf, wie Gestapobeamte vorgingen: Zunächst versuchte man, unter fadenscheinigen Gründen dem Konvent eine regimefeindliche Haltung nachzuweisen. Vorab drapierte "Beweise" in Form von regimekritischen Schriften sollten den NS-Klostersturm legitimieren.

Doch die Gestapo hatte nicht mit dem Mut der Bevölkerung gerechnet und deren seit Generationen gewachsenen Bindung an die "ihre" Benediktiner. Und so gingen ohne Furcht vor möglichen Folgen einige Hundert Bauern, Mägde, Knechte und Hausfrauen auf die Straße und bauten sich schützend vor der Abtei auf. Zwei Tage dauerte der Kampf ums Kloster Münsterschwarzach, bis die Staatsgewalt mit einem Großaufgebot anrückte. Das Kloster wurde konfisziert, der Abt und seine Patres ins Exil geschickt.

Rund 50 Laienbrüder sollten die Klosterökonomie weiterführen, überwacht von einem staatlichen Verwalter. Dieser verfügte sogleich, die Brüder hätten sich von ihrem Zölibats-Eid zu lösen und schnellstmöglich zu heiraten und Familien zu gründen. Doch die Mönche dachten gar nicht daran, sich den katholischen Glauben nehmen zu lassen. Ihre Klosterfamilie blieb vielmehr bis Kriegsende im Untergrund bestehen - auch mithilfe der "Katholischen Jugend" die den Protest der Bevölkerung über all die Jahre bis zum Kriegsende aufrecht hielt.

Die 1200 Jahre alte niederbayerischen Kloster Metten an der Donau hielt ebenfalls nichts von Staatstreue inmitten eines Unrechtssystems, wie es die NS-Herrschaft darstellte. So begab sich der couragierte Abt Corbinian Hofmeister bereits kurz nach der "Machtergreifung" Hitlers 1933 in den politischen Untergrund. Bei getarnten Reisen nach Rom zum Vatikan unterstützt er die Putschpläne der militärischen Opposition gegen Hitler. Diese sahen vor: Mithilfe von Papst Pius XII. einen Separatfrieden mit den Alliierten zu erwirken. Voraussetzung für diesen Frieden war die Ermordung des Massenmörders Adolf Hitler.

Das dritte Kloster, das die Dokumentation "Bayerns Klöster unterm Hakenkreuz" genauer in Augenschein nimmt, war zwar bereits eine staatliche Einrichtung - das im 19. Jahrhundert säkularisierte Kloster Irsee im Allgäu. Doch lebten dort 22 Nonnen vom Augsburger Orden der "Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul". Als Krankenpflegerinnen in der "Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren-Irsee" dienstverpflichtet, wurden die Nonnen dazu angehalten, am staatlichen Euthanasieprogramm mitzuwirken - also direkt oder indirekt bei der Tötung körperlich oder geistig Behinderter mitzuwirken. Filmaufnahmen aus der Zeit, Tagebücher, Zeugenaussagen, Fotos und viele andere Originaldokumente belegen, wie die Nonnen versuchten, sich dem Ordensgebot des Gehorsams heimlich zu widersetzen, um ihre Schützlinge vor dem Gas- Hunger- oder Gifttod zu retten.

ARD/BR
Dokumentation
Kultur: Religion, Kirche

Erweiterte Bildfunktionen im ZDF Programmdienst