Die Burn-out-Gesellschaft

Film von Barbara Frauchiger
Di 20. Sep
21:57 Uhr
(Erstsendung: 27.01.2022)
Burn-out definiert sich als emotionale chronische Erschöpfung wegen Stress im Beruf. Das Leid ist unbestritten. Medizinisch betrachtet ist das Problem aber komplexer.

Was sich alles hinter einem Burn-out verbergen kann, zeigen die Geschichten dreier Personen, die sich mehr als ein Jahr von der Kamera begleiten ließen.
Drei Menschen zwischen Überlebenskampf und Aufbruch.

In der Medizin gilt Burn-out nicht als eigenständige Krankheit, sondern nur als Symptom. Die Diagnose lautet oft: Depression oder Angststörung. Warum ist der Begriff Burn-out dennoch so verbreitet? "Weil psychische Krankheiten noch immer tabuisiert sind", sagt der Psychologe Niklas Baer, der sich als Pionier der Arbeitspsychiatrie einen Namen gemacht hat. Burn-out gelte als vorübergehende Überlastung und sei akzeptierter als andere psychischen Beschwerden.

Doris Brülhart, erfolgreiche Geschäftsführerin, erleidet nach einem schweren Brandunfall und unhaltbaren und widerlegten Vorwürfen im Beruf eine Lebenskrise. Die Folge war ein Burn-out, von dem sie sich nach Jahren erholt hat. Sie hat sich entschlossen, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen und ein Geschäft zu eröffnen.

Eray Cansev ist 30 Jahre alt. Der Elektroingenieur arbeitete mit Begeisterung als Berufsschullehrer, bis er am Arbeitsplatz eine Umstrukturierung mittragen musste. Die Belastung überstieg seine Kräfte, er schied aus dem Arbeitsleben aus. Seit zwei Jahren schon versucht er mithilfe der Psychiatrie ins Berufsleben zurückzufinden.

Und schließlich Daniel U.: Immer wieder hat er im Job Probleme, weil er sich sehr direkt äußert. Am letzten Arbeitsplatz wird er deswegen kritisiert und gerät so unter Druck, dass er keinen Schlaf mehr findet und zusammenbricht. Es folgt die Kündigung. Heute lernt er in einer Therapie, besser zu kommunizieren.

Im Schnitt bleiben Menschen, die unter den Sammelbegriff "Burn-out" fallen, dem Arbeitsleben 18 Monate fern – länger als bei allen anderen Krankheiten. Betroffene und Unternehmen sind oft überfordert, die Stigmatisierung ist ein Fakt. Dabei sagt Experte Niklas Baer: "Es ist völlig falsch, Menschen mit einem Burn-out keine Karriere mehr zuzutrauen. Entscheidend ist, wie die Betroffenen aus ihrer Krise herausfinden." Denn wer sich aktiv um seine Gesundung bemühe, qualifiziere sich damit auch für das Berufsleben.

SRF
Dokumentation
Gesellschaft: Lebensstile/-entwürfe

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