Buchteln, Ziegeln, Polka - Das böhmische Wien

Film von Anita Lackenberger
Sa 01. Apr
09:59 Uhr
(Erstsendung: 13.05.2022)
Wien um 1900 hat ein böhmisches Gesicht: Tschechische Aristokratie, Bürgertum, die "Ziegelböhm" und Köchinnen prägen die einstige Habsburgermetropole bis heute.

Vom tschechisch-böhmischen Stadtpalais über Handwerksbetriebe - ob vom Schneider oder Schuster - bis hin zu Kaffeehäusern: In Wien gibt es eine weitreichende tschechische Infrastruktur. Genauso beeinflussen tschechische Musik und Essen das Leben der Großstadt.

Die Regisseurin Anita Lackenberger lädt zu einer Spurensuche nach dem vergessenen böhmischen Erbe Wiens. Es sind die Lebensgeschichten von Köchinnen, die sich mit Stadtgeschichten und Stadtspaziergängen verbinden. Ob in den prächtigen Palais, im Böhmischen Prater, in alteingesessenen Wirtshäusern, bei den Ziegelteichen oder im Schloss Belvedere: Überall finden sich Bezüge zur böhmischen Küche und den dahinterstehenden Menschen.

Um die Jahrhundertwende hatte Wien einen hohen tschechischen Bevölkerungsanteil. Neben den Arbeitern in den Ziegelwerken im Süden der Stadt waren viele Frauen in den Stadtpalais als Ammen, Dienstmädchen oder als Köchinnen im Einsatz. So fanden zahlreiche Rezepte aus der böhmischen Küche Eingang in die Wiener Küche. Dazu zählen Buchteln, Liwanzen, Knödel und süße Soßen zum Braten genauso wie das tschechische Bier als nahrhaftes Getränk.

Damals wie heute trifft man sich, vor allem wenn es "wienerisch" sein soll, in der "Café-Konditorei Aida". Nur wenige wissen, dass sich hinter dieser Wiener Traditionskonditorei eine tschechische Geschichte verbirgt. Ein paar der alten, böhmischen Rezepte werden dort noch verwendet.

Selbst beim Würstelstand wird noch heute ein böhmischer Klassiker angeboten: die "Klobasse", eine würzige Wurstspezialität aus Tschechien. Berühmt ist auch der "Prager Schinken". Die Rezeptur pflegt in Wien eine Fleischerei bereits in der fünften Generation. Dazu serviert werden Senf und eingelegtes Gemüse. Und wer Schweinshaxen gegrillt bevorzugt, wird in Wien beim aus der Literatur bekannten Herrn Kolarik fündig. Er hat sich in Wien mit saftig knusprigen Stelzen, serviert mit tschechischem Bier, einen Namen gemacht.

Die tschechische Diaspora in Wien hat eine lange Geschichte, auch nach dem Zuzug um 1900. Das wechselvolle 20. Jahrhundert hat Wien oft zur Zufluchtsstätte werden lassen. Zahlreiche tschechische Kulturvereine, Musikensembles sowie eine tschechische Schule sind in Wien bis heute etabliert, und deren Kultur ist noch immer ein nicht wegzudenkender Teil der Wiener Identität.

ORF/3sat
Dokumentation
Kultur: Ernährung, Küche

Erweiterte Bildfunktionen im ZDF Programmdienst