Der weiße Blick

Expressionismus und Kolonialismus
Film von Wilfried Hauke
So 16. Apr
12:00 Uhr
(Erstsendung: 07.09.2022)
Die Dokumentation "Der weiße Blick" erzählt erstmals die Geschichte des deutschen Expressionismus im Kontext von kolonialer Ausbeutung und rassistischer Menschenkunde.

Als die deutschen Expressionisten Emil Nolde und Max Pechstein um 1910 zum damaligen Deutsch-Neuguinea und zu den Palau-Inseln reisten, war ihr vermeintliches "Südseeparadies" bereits durch den europäischen Kolonialismus zerstört.

Ihre Südseesehnsucht hatten Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner Kirchner und Max Pechstein durch Besuche in den völkerkundlichen Museen in Berlin und Dresden genährt, wo sie ersten Kontakt mit der Kunst fremder Kulturen hatten. Der Franzose Paul Gauguin war ein Vorbild, wie mit Bildern über das vermeintlich "Wilde" und "Primitive" auf dem Kunstmarkt Aufmerksamkeit und Erfolg zu erzielen war.

Sie wollten die Malerei in Deutschland revolutionieren und sich dafür an der Ursprünglichkeit der indigenen Kunst schulen. Nolde und Pechstein, die von ihren Ehefrauen begleitet wurden, blendeten vor Ort den Untergang der fremden Welt aus. Sie malten so, wie sie es in ihren Köpfen als "weißen Blick" von daheim mitgebracht hatten: romantisch verbrämt, idyllisch verfälscht und außerdem nah am rassenkundlichen Menschenbild der Zeit. Kirchner blieb zu Hause, baute sich im Atelier die Südseeexotik als Ambiente nach.

Die Malreisen von Nolde und Pechstein, die wie harmlose Kreuzfahrten begannen, waren durch Schulden finanziert. Für beide endete das Südseeabenteuer in einem Fiasko. 1914 brach der Erste Weltkrieg aus, Emil Nolde konnte Deutsch-Neuguinea gerade noch verlassen, verlor unterwegs aber viele seiner Bilder. Max Pechstein geriet in japanische Gefangenschaft und musste nach dem Krieg als Maler neu beginnen.

Mit vielen erstmals gezeigten Fotos von den Südseereisen, die nur mithilfe deutscher Kolonialbehörden möglich waren, zeichnet der Film die Geschichte einer künstlerischen "Ausbeutung" nach.

ARD/NDR
Dokumentation
Kultur: Bildende Kunst

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