Die Nordreportage: Ein großes Herz für Tiere

Wie die Tiertafel hilft, den Liebling zu behalten
Film von Rita Knobel-Ulrich
Do 11. Mai
03:31 Uhr
(Erstsendung: 18.04.2023)
Finchen und Mila sind für Monika der einzige Halt im Leben. Nicht, dass sie nie gearbeitet hätte, aber nach einem langen Arbeitsleben ist eine Rente von gerade mal 800 Euro herausgekommen.

Seit durch Inflation und Energiekrise das Geld immer knapper wird, kommt Monika zur Tiertafel nach Bramfeld. Zwei Mal im Monat stellen dort ehrenamtliche Helfer Tische auf und verteilen Futter für die geliebten Vierbeiner hilfsbedürftiger Menschen.

Kara, Nele und Carsten, die Ehrenamtlichen, haben zuvor Geschäfte abgeklappert, um die Spenden wie Futter, Kissen, Wärmejacken, Hundeleinen einzusammeln. Jetzt bereiten sie alles für die Ausgabe vor. Schon vor der Öffnung um 14.00 Uhr bildet sich eine Schlange. Die Menschen harren geduldig aus. Alle sind sich einig, die winzige Promenadenmischung und die Katze mit dem seelenvollen Blick, sie sollen nicht unter der Not ihres Menschen leiden. Die haben die Heizung heruntergedreht, sparen heißes Wasser, ernähren sich von Sonderangeboten, aber ihre geliebten Tiere sollen in der Krise keinen Schaden nehmen.

Zu den Ehrenamtlichen gehört auch eine Tierärztin. Sie horcht Katze Minka ab, verschreibt Schmerztabletten, befühlt Finchens Bauch. Alle Ehrenamtlichen wissen, dass der Hund an der Leine, die Katze im Korb weit mehr ist als ein Tier. Hund, Katze, Wellensittich oder Meerschweinchen sind für die Menschen in der Schlange Familienmitglieder, oft der einzige Freund im Leben. Der Schmerz ist groß, wenn das geliebte Tier nicht mehr versorgt werden kann, im äußersten Fall sogar weggegeben werden muss.

Für Kara, die Leiterin der Tiertafel, und ihre Mitstreiter ist ihr Einsatz auch eine Art Lebenshilfe: "Manchen Menschen fehlt der Grund, morgens aufzustehen. Und wenn dann Waldi schwanzwedelnd vor ihnen steht und raus will, müssen sie ja hoch. Wenn wir ihnen die Sorge um ihr Tier nehmen, haben sie vielleicht auch wieder Kraft, den Alltag zu bewältigen, sich einen neuen Job zu suchen, Mut zu fassen."

Andrea wartet auf das Futter für Balu, ihren Labrador, der freundlich kläffend darauf wartet, dass er und Frauchen drankommen. "Wenn ich Balu nicht hätte, läge ich wahrscheinlich den ganzen Tag auf dem Sofa. So muss ich mit ihm raus und finde draußen andere Tierfreunde. Wir unterstützen uns, und ich bin nicht so einsam." Nele, die gerade einen Stapel Dosen in Andreas Tasche packt, ergänzt: "Ich möchte alles daransetzen, dass Menschen, die es durch Schicksalsschläge eh schon verdammt schwer haben im Leben, nun nicht auch noch ihren besten Freund verlieren."

In fast der Hälfte aller Haushalte in Deutschland gibt es ein Tier, aber immer mehr Menschen geraten durch die Krise in Not, können ihre Haustiere nicht mehr versorgen, müssten sie abgeben, wenn es die Tiertafel nicht gäbe. Manchen Menschen in der Schlange ist ihre Lage peinlich. Sie haben bessere Tage gesehen. Nach Corona wurden sie arbeitslos, mussten ihr Geschäft schließen.

Andere erzählen freimütig, wie sie in diese Lage geraten sind: Jens war früher Seemann, steht allein. Ohne seinen Golden Retriever kann er sich sein Leben nicht vorstellen. Seine Rente ist niedrig, die Inflation hat die letzten Reserven aufgefressen. Nadine war Erzieherin, ein erfüllender Beruf, nur leider schlecht bezahlt.

Und dann sind da noch die Menschen aus der Ukraine, die sich neben Koffern und Kindern auch noch die Katze unter den Arm geklemmt haben und froh sind, dass auch ihnen bei der Tiertafel geholfen wird. Zuverlässig, zwei Mal im Monat, bei jedem Wetter in Hamburg-Bramfeld.

ARD/NDR
Reportage
Gesellschaft: Tiere

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