Lotterleben im Südwesten

Film von Friedrich Bohnenkamp
Do 22. Jun
22:57 Uhr
(Erstsendung: 29.08.2019)
Der Südwesten Deutschlands galt und gilt als Heimat fleißiger, rechtschaffener Bürger. Der Film "Lotterleben im Südwesten" zeigt jedoch eine andere Seite vom Leben im Südwesten.

Dafür wurden in den Archiv-Computer Begriffe eingegeben, die mit bürgerlichem Leben eher weniger zu tun haben: Peepshow, Haschisch, Hippies, Gammler oder Striptease. Ausgespuckt wurden die Namen, Daten und Sendungen, die sich mit diesen Parallelwelten beschäftigten.

Zigtausende Beiträge zeugen so im Archiv vom bürgerlichen Alltag - und einige Dutzend von dem, was außerhalb von Beruf, nämlich daheim, so passieren konnte. Und die erleben eine teilweise Wiederaufführung.

Ein Name taucht gleich mehrfach auf: "Gina Wildkatze". Die junge Frau betrieb Ende der 1960er-Jahre eine Bar in Freiburg, den "Playboy". Gipfel der Verworfenheit: das Plantschen im Pool mit jungen Damen und Champagner. Mehr war - so Gina - nicht möglich an Intimität. Man glaubt es, hatten doch auch Prominente keinerlei Probleme damit, sich zu "Playboy"-Besuchen zu bekennen.

Längst vergessen, aber mit starken Wurzeln im Südwesten: die DSP, die "Deutsche Sex Partei". 1970 gegründet, kam eines ihrer Mitglieder bei Landtagswahlen in Reutlingen auf immerhin 1367 Stimmen. 1996 gelang Journalisten ein Blick in die vormalige Parteizentrale, die in der Tat einen schummrigen Eindruck machte.

Vor allem in den 1960er-Jahren für die Erwachsenen ein rotes Tuch: junge Männer mit langen Haaren. Nach Kuba zum Fidel Castro schicken will sie die ältere Dame, "die sollen sich mal waschen", fordert der Mittvierziger in Heidelberg, wo sich Ordnungsamt, Polizei und Geschäftsleute Anfang der 1970er-Jahre einer Invasion offenbar lebenslustiger, aber arbeitsloser Jugendlicher gegenübersehen.

Für bundesweites Aufsehen sorgt 1970 der "Gammler-Mord von Konstanz": Auf einer Parkbank erschießt ein Hilfsarbeiter einen 17-jährigen Lehrling mit einem Bolzenschussgerät - weil er sich durch ihn gestört fühlt. Drei Jahre Gefängnis wegen fahrlässiger Tötung lautete das Urteil damals.

ARD/SWR
Dokumentation
Gesellschaft: Alltagskultur

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