Kreative im Krieg - Die Verteidigung der
ukrainischen Identität

Film von Viola Löffler und David Assmann
Sa 11. Feb
19:21 Uhr
Erstausstrahlung
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat auch die Zerstörung der kulturellen Identität zum Ziel. Wie verteidigen die Kreativen des Landes in dieser Situation ihre Kultur gegen die Angriffe?

Auf welche Traditionen und Vorbilder berufen sich die ukrainischen Kreativen von heute? Was ist das typisch Ukrainische an ihren Liedern, Büchern und Filmen? Die Dokumentation begleitet herausragende Kulturschaffende in diesen schweren Kriegstagen.

Der russische Staatspräsident Wladimir Putin bestreitet, dass sich in der Ukraine je eine autonome "stabile Staatlichkeit" entwickelt habe, er spricht dem Land seine kulturelle Eigenständigkeit ab. Die gezielte Zerstörung von Kulturdenkmälern soll das Selbstverständnis der Bevölkerung treffen. Die Kreativen und Intellektuellen des Landes berufen sich hingegen auf ihre ukrainische Kultur, auf ihre Sprache, Bilder, Mythen und Geschichte. Und sie verteidigen sie.

Dass Putin den Ukrainern ihre kulturelle Identität abspricht, muss für sie wie Hohn klingen. Denn sowohl im Zarenreich als auch unter sowjetischer Herrschaft wurden ihre ukrainischen Traditionen konstant unterdrückt und marginalisiert. Seit dem 19. Jahrhundert verboten russische Zaren immer wieder die ukrainische Sprache. Unter Stalin wurden auch ukrainische Intellektuelle, Künstlerinnen und Künstler, Musikerinnen und Musiker in Arbeitslager verschleppt und ermordet. Stalin zwang in fast allen Künsten zum Stil des Sozialistischen Realismus. Die goldene Zeit des ukrainischen Kinos und der ukrainischen Literatur war damit vorbei.

Definieren sich die ukrainischen Kreativen nun hauptsächlich in Abgrenzung zu russischen Traditionslinien? Welches nationale Selbstverständnis steht hinter dem typisch Ukrainischen?

Der Schriftsteller Andrij Kurkow klärt auf seinen Lesereisen über die ukrainische Geschichte und Kultur auf. Der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels Serhij Zhadan ist zu dem intellektuellen Gesicht des Widerstands geworden. Er promovierte über den ukrainischen Futurismus und schrieb, obwohl er in russischsprachiger Umgebung groß wurde, auf Ukrainisch. Er bleibt in seiner umkämpften Heimatstadt Charkiw, hilft beim Organisieren und Verteilen von Hilfsgütern - und veranstaltet Kultur-Events. Die Band Dhakabraka sammelt auf ihrer Welttournee Spenden für ihre Heimat. Sie verwendet ukrainische Musiktraditionen neu und beendet ihre hoch emotionalen Konzerte mit der Nationalhymne. Die Regisseurin Marysia Nikitiuk nutzt die Weltpremiere ihres Films "Lucky Girl", um auf grausame Kriegsverbrechen aufmerksam zu machen. Sie unterstützt den Boykott russischer Kunst, denn diese sei auf imperialistischen Ideen aufgebaut.

Die Filmemacherin Alina Gorlova dreht in Kiew ihre neue Dokumentation über den Krieg und seine Folgen. Für sie ist die russische Kunst nichts anderes als eine riesige Propagandamaschine, gegen die man sich verteidigen müsse. Die Kulturwissenschaftlerin Kateryna Mishchenko und der Geschichtswissenschaftler Andreas Kappeler verorten die kulturelle Identität der Ukraine historisch.

Redaktionshinweis: Am 24. Februar 2022 überfielen russische Truppen die Ukraine. Ein Jahr danach blickt 3sat mit zwei Kulturdokumentationen auf das schwer getroffene Land und zeigt, wie Künstler und Intellektuelle mit der schwierigen Situation umgehen: Nach "Kreative im Krieg – Die Verteidigung der ukrainischen Identität" beleuchtet die Dokumentation "Kunstfront - Ukrainische Kulturschaffende im Ausnahmezustand" am Samstag, 18. Februar, um 19.20 Uhr, wie Kreative in Kiew die Kunstszene aufrechterhalten, um der Bevölkerung Kraft und Zuversicht zu geben.

3sat
Dokumentation
Kultur:

Erweiterte Bildfunktionen im ZDF Programmdienst