"Große Freiheit": Nahaufnahme von Hans Hoffmann (Franz Rogowski) Copyright: ZDF/Crystel Fournier

Die 74. Berlinale in 3sat: Die Filmreihe "Arthouse Kino" feiert die Macht des Kinos

Mit einer atemberaubenden Vielfalt gehören die Internationalen Filmfestspiele Berlin zu den größten Publikumsfilmfestivals der Welt. 3sat begleitet auch die 74. Berlinale (15. bis 25. Februar 2024) mit einem umfangreichen Programm. Das reicht von den Live-Übertragungen der Eröffnungsgala und der Verleihung der Bären über die aktuelle Berichterstattung im 3sat-Magazin "Kulturzeit" bis hin zur Ausstrahlung der Filmreihe "Arthouse Kino". In deren Rahmen werden vom 14. bis zum 21. Februar 2024 zehn außergewöhnliche internationale Filmproduktionen gezeigt. Ob Drama, Komödie oder Dokumentarfilm – sie alle feiern die faszinierende Macht des Kinos.

Filmreihe
von
Mi 14. Feb
22:25 Uhr
bis
Mi 21. Feb
22:25 Uhr
Mit Erstausstrahlungen

Den Anfang der Reihe "Arthouse Kino" macht am Mittwoch, 14. Februar 2024, um 22.25 Uhr das bildstarke Drama "Weißer, weißer Tag" (Island/Schweden/Dänemark 2019) von Hlynur Pálmason. Dessen Geschichte spielt in einem abgelegenen Ort in Island. Dort vermutet der beurlaubte Polizeikommissar Ingimundur (Ingvar Eggert Sigurðsson), dass seine bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommene Frau (Sara Dögg Ásgeirsdóttir) eine heimliche Affäre mit seinem Nachbarn Olgeirn (Hilmir Snær Guðnason) hatte und ihr Tod möglicherweise etwas mit dieser Beziehung zu tun haben könnte. Ingimundurs Suche nach der Wahrheit wird zur Obsession. Nach und nach verliert er den Blick für die Realität und steigert sich in den Wunsch nach blutiger Rache. Dadurch gefährdet er bald nicht nur sich selbst, sondern auch seine Familie, vor allem aber das Leben seiner geliebten Enkelin Salka (Ída Mekkín Hlynsdóttir). Trauer, Wut, Angst und seine außer Kontrolle geratene Fantasie treiben Ingimundur zunehmend in die Enge, wobei die isländische Landschaft, Sonne, Nebel und Schnee seinen inneren Zustand widerspiegeln.

 

Als Free-TV-Premiere läuft am Donnerstag, 15. Februar 2024, um 21.00 Uhr "Rivale" (Deutschland 2020) von Marcus Lenz. Im Mittelpunkt der Handlung steht der neunjährige Roman (Yelizar Nazarenko), der nach dem Tod seiner Großmutter illegal aus der Ukraine nach Deutschland reist, um hier mit seiner Mutter Oksana (Maria Bruni) leben zu können. Diese wiederum arbeitet illegal als Krankenschwester für den Rentner Gert (Udo Samel). Der Witwer empfängt den Jungen herzlich, dieser sieht in dem alten fremden Mann jedoch vor allem einen Rivalen. Als Roman seine Mutter und Gert zusammen im Bett entdeckt, reagiert er verstört. Dann wird Oksana plötzlich krank und muss in eine Klinik, so dass Gert und Roman gezwungen sind, allein miteinander klarzukommen. Um behördlichen Nachfragen wegen Oksanas anonymer Krankenhauseinlieferung zu entgehen, tauchen die beiden in einer Waldhütte unter. Langsam nähern sie sich einander an, doch der adipöse Diabetiker Gert gerät bald an seine körperlichen Grenzen.

 

Direkt im Anschluss zeigt 3sat am Donnerstag, 15. Februar 2024, um 22.30 Uhr die Free-TV-Premiere des u.a. mehrfach mit dem Deutschen und dem Österreichischen Filmpreis ausgezeichneten Dramas "Große Freiheit" (Österreich/Deutschland 2021). Darin erzählt der Filmemacher Sebastian Meise in berührenden Bildern von Hans Hoffmann (Franz Rogowski), den die Nazis ins KZ gesteckt haben, weil er Männer liebt. Da dies auch im Nachkriegsdeutschland nach dem berüchtigten Paragrafen 175 als kriminelle Handlung gilt, muss er in einem westdeutschen Zuchthaus seine Reststrafe absitzen. Hans wird zwar irgendwann entlassen, jedoch als "Wiederholungstäter" wieder und wieder eingesperrt. Trotzdem ist er nicht bereit, sich zu unterwerfen. Er will leben, wie und lieben, wen er will. Hinter Gittern begegnet er stets aufs Neue dem lebenslänglich verurteilten Mörder Viktor (Georg Friedrich). Dieser möchte mit einem "175er" zunächst nichts zu tun haben. Im Laufe der Jahre entsteht zwischen den beiden so unterschiedlichen Männern trotz aller Gegensätze eine Schicksalsgemeinschaft – verbunden durch eine unstillbare Sehnsucht nach Freiheit und Leben.

 

Zum ersten Mal im deutschen Fernsehen ist am Freitag, 16. Februar 2024, um 22.25 Uhr auch "The Innocents" (N/S/DK/FIN/F/GB 2021) zu sehen. In dem überraschenden Psychothriller des norwegischen Regisseurs und Drehbuchautors Eskil Vogt entdecken vier Kinder beim Spielen, dass sie besondere Fähigkeiten besitzen. Ida (Rakel Lenora Fløttum), Anna (Alva Brynsmo Ramstad), Aisha (Mina Yasmin Bremseth Asheim) und Ben (Sam Ashraf) können miteinander kommunizieren, ohne ein Wort zu sagen, und darüber hinaus die Welt um sich herum telekinetisch manipulieren. Die Erwachsenen schauen nicht genau hin und so erproben die Kinder ungestört ihre neu gewonnene Macht. Immer weiter reizen sie ihre Möglichkeiten aus – bis ihre Freundschaft langsam auseinanderbricht. Die Hochhaussiedlung, in der sie leben, wird nach und nach zum Schauplatz eines gefährlichen Kräftemessens. Aus einem zunächst harmlosen Spiel wird schon bald grausamer Ernst.

 

Im Rahmen der Reihe "Arthouse Kino" präsentiert 3sat dann am Samstag, 17. Februar 2024, um 23.15 Uhr das knapp dreistündige Schwarz-Weiß-Epos "The Painted Bird" (Tschechien/Ukraine/Slowakei 2019) in einer synchronisierten Erstausstrahlung. Nach einer literarischen Vorlage des US-amerikanisch-polnischen Autors Jerzy Kosiński erzählt Regisseur Václav Marhoul mit prominenter Besetzung von der Odyssee eines jüdischen Jungen (Petr Kotlár) während des Zweiten Weltkrieges in Osteuropa. Auf der Suche nach seinen Eltern wird der Sechsjährige Augenzeuge schrecklicher Gewalttaten durch russische und deutsche Soldaten sowie extremer Grausamkeiten der abergläubischen Landbevölkerung. Für den kleinen Flüchtling geht es tagtäglich ums nackte Überleben. Neben Harvey Keitel in der Rolle eines todkranken Priesters und Udo Kier als psychotischer Müller wirken Stellan Skarsgård als deutscher Soldat, Julian Sands als Pflegevater und Barry Pepper als russischer Scharfschütze mit.

 

Am Sonntag, 18. Februar 2024, folgt um 16.30 Uhr Pernille Fischer Christensens Biopic "Astrid" (Schweden/Dänemark/Deutschland 2018). Der Film erzählt von den jungen Jahren der später weltberühmten schwedischen Kinderbuchautorin Astrid Lindgren (1907 - 2002). Das berührende Drama mit Alba August in der Titelrolle führt den Zuschauerinnen und Zuschauern das Leben in der landwirtschaftlich geprägten südschwedischen Provinz Småland während der 1920er-Jahre vor Augen. Die 18-jährige Astrid arbeitet als Praktikantin bei einer Lokalzeitung. Der verheiratete Chefredakteur Reinhold Blomberg verliebt sich in sie. Zwischen den beiden entwickelt sich ein Verhältnis, das nicht ohne Folgen bleibt: Astrid wird schwanger. Um einen Skandal in dem streng religiösen Milieu zu verhindern, muss die junge Frau ihre Heimat Richtung Dänemark verlassen. Dort bringt sie anonym ihr Kind zur Welt. Von nun an ist sie nicht mehr nur für sich allein verantwortlich. Astrid beginnt einen Weg, der sie in ein selbstbestimmtes Leben führt – und zurück zu ihrer Familie.

 

In der Polizeithriller-Parodie "Cop Secret" (Island 2021) geht es anschließend am Sonntag, 18. Februar 2024, ab 23.15 Uhr um die coolsten Super-Cops von Reykjavik: Bússi (Auðunn Blöndal) und Hörður (Egill Einarsson). Sie sind superschnell, superstark und supermännlich. Außerdem ermitteln die beiden in einer Reihe von Raubüberfällen, bei denen allerdings nichts gestohlen wurde. So ganz nebenbei entdecken sie ihre Leidenschaft füreinander, was natürlich nicht gerade gut zu ihren Vorstellungen von echter Männlichkeit passt. Eine Verfolgungsjagd wird durch den Kampf mit den eigenen Vorurteilen erschwert und findet schließlich ihren Höhepunkt bei einem Fußballspiel der isländischen Frauennationalmannschaft. Regie in dieser actiongeladenen Komödie führte Hannes Þór Halldórsson, der langjährige Torhüter der isländischen Fußballnationalmannschaft. Zum Cast gehört sein auch in Deutschland bekannter ehemaliger Team-Kollege Rúrik Gíslason. In Island gelang dem Film der bislang erfolgreichste Start in der Geschichte des dortigen Kinos.

 

Der Dokumentarfilm "Herr Bachmann und seine Klasse" (Deutschland 2021) steht am Montag, 19. Februar 2024, um 22.25 Uhr auf dem Programm. Der Film von  Maria Speth ist eine unterhaltsame Studie über gute Pädagogik. Er zeigt den Schulalltag der Klasse 6b an der Georg-Büchner-Gesamtschule mit ihrem ungewöhnlichen Lehrer Dieter Bachmann, der es mit Offenheit, Herzenswärme und nicht zuletzt seiner E-Gitarre schafft, den Kindern mit unterschiedlichster Herkunft und Deutschkenntnissen ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu geben.

 

Und zum Abschluss der Reihe zeigt 3sat am Dienstag, 20. Februar 2024, um 22.55 Uhr den Dokumentarfilm "Unantastbar – Der Fall Harvey Weinstein" (Großbritannien 2019) von Ursula Macfarlane. Sie zeichnet darin den Weinstein-Skandal nach, aus dem sich schließlich die weltweite #MeToo-Debatte entwickelte. Dabei lässt die Regisseurin Schauspielerinnen von ihren teilweise traumatischen Erlebnissen mit dem lange Zeit als unantastbar geltenden Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein (u.a. "Der englische Patient", "Django Unchained") berichten. Zu Wort kommen beispielsweise Rosanna Arquette, Zelda Perkins, Paz de la Huerta und viele andere Frauen. Es geht um Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und die Frage, warum eine ganze Industrie zu diesen so offensichtlichen Verbrechen so lange schweigen konnte.

 

Mit der deutschen Erstaufführung des Dramas "Prinzessin" (Schweiz 2021) endet die Reihe "Arthouse Kino" am Mittwoch, 21. Februar, um 22.25 Uhr. Regisseur Peter Luisi inszeniert ein warmherziges Drama über zwei Menschen, die sich gegenseitig neuen Lebensmut schenken. Zu Beginn ist es der 47-jährige Josef (Fabian Krüger), der dringend Hilfe braucht. Er ist alkoholabhängig und lebt in einem heruntergekommenen Zweifamilienhaus mit Garten. Als seine alleinerziehende Schwester Karin (Anne Haug) mit ihrer vierjährigen Tochter Nina (Lia Hahne) in die zweite Wohnung einzieht, entwickelt sich zwischen Josef und dem aufgeweckten Mädchen eine unerwartete Freundschaft. Das Kind hilft dem Onkel, sich Schritt für Schritt von seiner Sucht zu befreien. Über 30 Jahre später ist es Nina (Johanna Bantzer), die Hilfe benötigt. Josef (Matthias Habich) ist mittlerweile 82 und fest entschlossen, seine drogensüchtig in der Ukraine festsitzende Nichte ebenfalls zu "befreien". Mit einem Bündel Schweizer Franken begibt er sich auf die Reise gen Osten. Er weiß aus eigener Erfahrung: Hinter jeder Sucht steckt eine Sehnsucht.

 

Fotos zur 3sat-Filmreihe "Arthouse Kino" finden Sie hier.

Den downloadbaren Trailer (nach Login) finden Sie hier.

Hauptabteilung Kommunikation

Claudia Hustedt
hustedt.cwhatever@zdf.de
Mainz, 18. Dezember 2023
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