
Der Anschlag
Dokumentarfilm-Serie über den Anschlag auf dem Breitscheidplatz
Am 19. Dezember 2016 raste der islamistische Attentäter Anis Amri mit einem Lkw auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin. 13 Menschen kamen dabei ums Leben, zahlreiche weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Das Attentat wirft bis heute Fragen auf. In fünf Kapiteln kreist die Dokumentarfilm-Serie "Der Anschlag" von Astrid Schult um die Ereignisse: von der Vorgeschichte des Anschlags über dessen Ausführung mit einem gestohlenen Lkw bis hin zu den Ermittlungsfehlern nahezu aller Behörden – vom Verfassungsschutz bis zu den Kriminalämtern in Berlin. In der 3satMediathek sind die Einzelfolgen von "Der Anschlag" ab Donnerstag, 13. November 2025, um 6.00 Uhr, zu sehen. Die Filmfassung, die ungekürzt alle Folgen umfasst, zeigt 3sat am Mittwoch, 10. Dezember 2025, um 20.15 Uhr.
20:15 Uhr
Die Dokumentarfilm-Serie ist in fünf Kapitel unterteilt:
In Teil eins, "Vorzeichen", berichten Überlebende und die Angehörigen der Opfer von den Vorgeschichten der verhängnisvollen Besuche auf dem Weihnachtsmarkt. Der Vater von Astrid Passin wollte eigentlich ins Theater. Elisabetta Ragno aus Palermo war zum Shoppen in der Stadt. Der 19. Dezember ist ihr Geburtstag. Der polnische Lkw-Fahrer Lukasz Urban verlässt mit seiner Stahl-Ladung Italien und macht sich auf den Weg nach Berlin. Parrallel dazu wird der Weg des Attentäters Anis Amri nachverfolgt, der mit 19 Jahren aus Tunesien nach Lampedusa kam und in Italien bald straffällig wurde.
Im Jahr 2016 stufte das BKA 450 in Deutschland ansässige IS-Anhänger als Gefährder ein. Die Sicherheitslage war angespannt, so Konstantin von Notz, Mitglied des Untersuchungsausschusses Breitscheidplatz. Shakuntala Banerjee erinnert sich an ihre Zeit als ZDF-Korrespondentin in Brüssel, als sie im selben Jahr mit Anschlägen in Brüssel und Nizza konfrontiert wurde. Bereits ein Jahr davor waren bei den Anschlägen von Paris im Musikclub Bataclan 90 Menschen ums Leben gekommen.
Teil zwei, "Tat", widmet sich der Todesfahrt, die innerhalb von zehn Sekunden das friedliche Treiben auf dem Weihnachtsmarkt in ein Massaker verwandelte. Anhand des Protokolls von Thomas Beck, Vertreter der Bundesanwaltschaft im Untersuchungsausschuss, wird der zeitliche Ablauf der Lkw-Fahrt rekonstruiert. Der "Spiegel"-Journalist Jörg Diehl stellt fest, dass Anis Amri über den Nachrichtendienst "Telegram" – eine Plattform, auf deren verschlüsselte Chats die deutsche Polizei keinen Zugriff hat – Anleitungen vom IS bekam. Die junge Ärztin Shufan Huo, die spontan beschlossen hatte, ihr Labor in der Charité zu verlassen, wurde wenig später auf dem Weihnachtsmarkt zur Ersthelferin und kümmerte sich um die schwerverletzte Fabrizia di Lorenzo aus Italien.
Teil drei, "Trauma", rückt die Überforderung der zuständigen Behörden und der Politik unmittelbar nach dem Attentat in den Fokus. Sie zeigte sich sowohl im Umgang mit den Opfern und Opfer-Angehörigen als auch bei der Verfolgung des Täters.
Ersthelferin Shufan Huo erinnert sich an die Fahrt im Rettungswagen mit Fabrizia di Lorenzo und den Transport in den Schock-Raum der Charité. Die Angehörigen der Opfer wurden über den Tod ihrer Familienmitglieder erst spät informiert. Fabrizias Mutter Giovanna etwa wurden Auskünfte zunächst verweigert. Anis Amri wurde am Bahnhof Sesto San Giovanni bei Mailand von der örtlichen Polizei im Zuge einer Personenkontrolle erschossen. Seinen Pass samt Duldungsbescheinigung für Deutschland hatte er im Lkw hinterlassen.
Teil vier, "Staat", nimmt das Versagen der Berliner Behörden in den Blick und rekapituliert den Umgang mit den Opfern und ihren Traumata aus der Sicht des zuständigen Psychologen. Erst ein Jahr nach dem Attentat findet eine offizielle Gedenkfeier an der Gedächtniskirche statt, auf der auch Angela Merkel vertreten ist. Zwei Jahre nach der Tat empfängt die damalige Bundeskanzlerin auch Giovanna di Lorenzo, die Mutter der noch in der Tatnacht verstorbenen Fabrizia. Auf ihre vielen Fragen hat sie auch bei diesem Treffen keine Antworten bekommen. Der Traumatherapeut Rainer Rothe, der bereits die Opfer des Anschlags von Nizza betreut hatte, erinnert sich, dass die meisten Psychologen, die an die Hinterbliebenen und Opfer vermittelt wurden, keine Traumaexperten waren. Sieben Monate nach dem Anschlag wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der die Versäumnisse der Polizeibehörden aufarbeiten soll. Laut Sven Kurenbach vom Bundeskriminalamt gab es keine ausreichende Beweislage, um Mittäter des Anschlags zu ermitteln.
Teil fünf, "Konsequenzen", führt zu Terrorexperten in die USA und fragt nach den Möglichkeiten von Prävention. Auch zeigt er, wie die Angehörigen der Opfer mit Trauma und Verlust umgegangen sind. Astrid Passin, deren Vater bei dem Anschlag ums Leben kam, engagiert sich im Verein "Victims of Terrorism" und nimmt am Gedenktag der Organisation teil. Petr Cismar, der seine Frau bei dem Anschlag verlor, wirft der Bundesrepublik Staatsversagen vor und will Klage erheben. Die Journalistin Shakuntala Banerjee ordnet die neuen Anschläge von Magdeburg und Solingen im Jahr 2024, wie auch München im Februar 2025 in die allgemeine Gefährdungslage ein und erklärt den Begriff "Salad Bar Terrorism". Der Herausgeber der "Welt", Stefan Aust, sieht in Anis Amri eine Quelle des amerikanischen Geheimdienstes. Die Militarismus-Forscherin Stephanie Savell von der Brown-University in Rhode Island stellt fest, dass nach 9/11 nur sieben Prozent der amerikanischen Militärschläge gegen islamistischen Terror zu einer Lösung geführt haben und dass heute mehr terroristische Gruppen existieren als vor dem Anschlag auf das World Trade Center 2001. Savell über die bis heute andauernden Konsequenzen des Krieges: "Die USA haben 8.000 Milliarden US-Dollar für die Kriege nach dem 11. September in Afghanistan, Pakistan, Irak, Syrien, Jemen und anderen Regionen ausgegeben. Diese Kriege forderten einen ernomen menschlichen Tribut. Zwischen 905.000 und 940.000 direkte Tote und 4,5 bis 4,7 Millionen indirekte Opfer."
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Mainz, 24. Oktober 2025