"NANO Talk"-Moderatorin und Journalistin Stephanie Rohde (c) ZDF und Ben Knabe

"Ruhe und Zeit für tastendes Denken" - Interview mit Stephanie Rohde

Im Gespräch mit der neuen "NANO Talk"-Moderatorin und Journalistin Stephanie Rohde

NANO

Sie sind Journalistin, Moderatorin und Podcasterin und moderieren jetzt im Wechsel mit der Medizinethikerin Alena Buyx den "NANO Talk", das Nachfolgeformat von "SCOBEL". Wie kam es dazu? 

Plötzlich war da dieser Anruf, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Gert Scobel und ich kennen uns von der phil.COLOGNE. Zudem hatte ich ihn mehrfach interviewt. Als mein Handy klingelte, dachte ich, es geht um die Moderation einer Veranstaltung. Stattdessen fragte er mich, ob er mich als eine mögliche Nachfolgerin vorschlagen dürfe. Wenig später wurde ich eingeladen – und zu meiner großen Freude engagiert.
 

Was hat Sie an der Aufgabe gereizt?
Nach über zehn Jahren beim Radio freue ich mich auf ein Format, in dem ich etwas mehr Persönlichkeit zeigen kann. Inhaltlich begeistert mich der interdisziplinäre Anspruch des Formats: In einer Welt, in der das Wissen exponentiell zunimmt und Expert*innen sich deshalb immer stärker spezialisieren, brauchen wir Formate, die Brücken zwischen den Disziplinen schlagen – gerade bei komplexen Problemstellungen. Denn die Lösungen findet man im "Dazwischen" der Disziplinen. Genau dort setzen wir an – und haben damit als wissenschaftliches Gesprächsformat ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland! Unser Anspruch ist es, Expertenwissen für die Zuschauer*innen verständlich zu präsentieren. Nicht in Interviews, in denen das meiste vorher schon feststeht, sondern in offenen Gesprächen, in denen neue Erkenntnisse und Sichtweisen entstehen – im besten Fall sowohl bei den Zuschauer*innen als auch den Expert*innen.
 

Was ist für Sie das Besondere an dem Format?

Es geht bei "NANO Talk" um das große Ganze – aus vielen Perspektiven, im Wechsel: Alena bringt den naturwissenschaftlichen Blick ein und ich den geisteswissenschaftlichen. Für mich ist es ebenso politisch wie methodisch wichtig, der Banalisierung und Polarisierung des Denkens und Sprechens etwas entgegenzusetzen. Dieses Format bietet die Ruhe und Zeit für tastendes Denken, das in diesen Zeiten wichtiger denn je ist.
 

Sie moderieren schon lange im Hörfunk. Worin besteht für Sie die Herausforderung, aber auch die Chance eine Talkrunde fürs Fernsehen zu moderieren? 
Es ist nicht irgendeine Sendung, sondern die von Gert Scobel – das bedeutet, wir treten in riesige Fußstapfen – was auch eine Chance ist!
Ich freue mich sehr darauf, ähnlich wie bei Podiumsdiskussionen mehr mit körperlicher Präsenz zu arbeiten, das beschäftigt mich nicht erst seit meiner holistischen Tanzausbildung. Gleichzeitig habe ich in dieser Sendung mehr Zeit, um mit den Gästen tief in die Materie einzutauchen. Genau darin liegt aber auch die spezielle Herausforderung dieser Sendung: Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Disziplinen gewinnbringend miteinander ins Gespräch zu bringen. Zum Glück habe ich dabei eine sehr erfahrene Redaktion an meiner Seite!
 

Wen möchten Sie mit der Sendung erreichen?
All diejenigen, die neugierig sind, gerne vielbefahrene Denkautobahnen verlassen und sich durch verschiedene Perspektiven inspiriert und bereichert statt bedroht fühlen.
 

Wenn Sie sich einen Gast aussuchen dürften: Wen wünschen Sie sich in Ihrer Sendung?
Gert Scobel. Der war dort noch nie zu Gast!
 

Welches Thema liegt Ihnen besonders am Herzen?
Feministisches Denken, post- und dekoloniale Diskurse, die Stärkung der Demokratie – und die Frage, wie man auch angesichts der Klimakrise eine neue Aufklärung anstoßen könnte, in deren Folge wir Menschen die Natur nicht mehr als Umwelt, sondern Mitwelt begreifen.
 

Können Sie von einem besonders denkwürdigen Moment in Ihrer Karriere erzählen?
Der Moment, an dem ich entdeckt habe, dass ich einen Teil meiner Arbeit – nämlich die Lektüre – in der Hängematte erledigen kann. Ne, aber mal im Ernst: Die bewusste Entscheidung gegen eine Festanstellung im Radio war ein wichtiger Schritt. Sie hat es mir ermöglicht, an der fruchtbaren Schnittstelle zwischen aktueller Politik, Philosophie und anderen Geisteswissenschaften zu arbeiten – mit der Freiheit, zwischen verschiedenen Geschwindigkeiten und Denkweisen zu wechseln.
 

Sie haben ein außergewöhnliches Hobby: Sie tanzen Butoh, eine avantgardistische Tanzkunst aus Japan. Wie sind Sie dazu gekommen?
Ich erforsche unterschiedliche Bewegungsformen. Butoh habe ich kurz nach der Pandemie entdeckt. Faszinierend finde ich daran unter anderem, dass man mit unterschiedlichen Texturen von Präsenz arbeitet und abstrakten Konzepten einen körperlichen Ausdruck verleiht.
 

Was sollte man noch über Stephanie Rohde wissen?
Sie nimmt Themen und Gespräche ernster als sich selbst.

 

Das Interview führte Marion Leibrecht, ZDF/3sat.

 

Die Biografie von Stephanie Rohde finden Sie hier.

Fotos finden Sie hier.