WissenHoch2 mit "Vom Sammeln, Speichern und Bewahren" und "scobel - Verzicht"
Eine neue Wissenschaftsdoku und eine neue Ausgabe von "scobel"
Was wollen wir aufbewahren - und wie? Je besser die Speichermöglichkeiten werden, desto schwieriger ist diese Frage zu beantworten. Was brauchen künftige Generationen, was ist Ballast? In der Dokumentation "Vom Sammeln, Speichern und Bewahren" am Donnerstag, 14. Dezember 2023, 20.15 Uhr, geht Julia Waldmann dieser Frage nach. Im Anschluss um 21.00 Uhr folgt die Gesprächssendung "scobel - Verzicht". Verzicht ist zum Politikum geworden. Die Grünen gelten als Verzichtspartei. Populistinnen und Populisten profilieren sich als Wohlstandbewahrerinnen und Wohlstandsbewahrer. Differenziert wird weniger, Argumente gehen im Getöse unter. Darüber spricht Gert Scobel mit seinen Gästen.
20:15 Uhr
Speichern, archivieren, sammeln – wir Menschen erhalten gern alles, was wir erlangt oder geschaffen haben: Sauerteige, Bücher oder Blut. Wie können wir die Flut von Wissen, Daten und Dingen für nachfolgende Generationen bewahren? Was ist wirklich wichtig, was kann weg? Wir wollen Objekte aufbewahren, Erinnerungen und sogar Mikroorganismen. Karl de Smedt ist der einzige Sauerteigbibliothekar der Welt. Im belgischen St. Vith hütet er 144 Sauerteige aus aller Welt, die zum Teil über 100 Jahre alt sind. So bewahrt er die einzigartigen wilden Hefen und Mikroorganismen jedes Sauerteigs. Die Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig und Frankfurt bewahrt Exemplare von allen Büchern, Schallplatten und Medien auf, die seit 1913 in oder über Deutschland veröffentlicht wurden. 34 Millionen physische Medien stehen in den Regalen. Digitalisierung kann zwar das Platzproblem lösen, hat aber auch ihre Tücken. Die Daten müssen ständig umkopiert werden, Festplatten können unbrauchbar werden. Ein besonders vielversprechendes Speichermedium entwickelt Prof. Robert Grass von der ETH Zürich: den DNA-Speicher. Er ist extrem leistungsfähig, über 1000 Jahre haltbar und immer auslesbar. Daten werden in den Code der DNA umgewandelt und als künstliche DNA gespeichert. Die BioBank Dresden lagert Tumorproben, Blut, Urin und Liquor für die Forschung ein. In der Asservatenkammer der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main werden Beweismittel von Straftaten aufbewahrt. So können Verbrechen mit modernen Techniken erneut analysiert und nach Jahrzehnten aufgeklärt werden. Doch immer wieder stellt sich die Frage: Wollen wir etwas aufbewahren - oder ist das unnötiger Ballast? Ein Film von Julia Waldmann.
Im Anschluss um 21.00 Uhr folgt "scobel - Verzicht". Bündnis 90/Die Grünen schaffen es nicht, vielleicht gute Argumente in mehr Zustimmung für Projekte umzumünzen. Die anderen brauchen erst keine Argumente. So gehen Debatten um die Zukunft dieses Landes und des Planeten im politischen Gezerre unter. Noch schlimmer: Zurück bleibt eine zutiefst verunsicherte und gespaltene Gesellschaft - und das auch noch in einer instabilen weltpolitischen Lage. Der soziale Zusammenhalt ist dahin, der gesellschaftliche Frieden bröckelt. Die protestantische Verzichtsethik ist zur Spaßbremse verkommen. Dabei legen politische Parteien doch so großen Wert auf unsere christlich abendländische Kultur. Doch eine rücksichtslose ausbeuterische Gesellschaft ist mit dem biblischen Menschenbild nicht vereinbar. Trotzdem war und ist die Gier nach mehr Wohlstand, angefeuert durch einen ungebremsten und menschenverachtenden Wachstumskapitalismus, fester Bestandteil unserer Kultur. Dabei wäre Mäßigung das - nicht nur christliche - Gebot der Stunde. Über diese und viele andere Aspekte diskutiert Gert Scobel in "scobel - Verzicht" mit Kognitions- und Neurowissenschaftlerin Prof. Maren Urner. 2016 gründete sie "Perspective Daily" mit, ein Online-Magazin für konstruktiven Journalismus. Seit April 2019 ist sie Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln. "Mit dem Denken von Morgen die Probleme von Heute lösen" fordert Urner und mischt sich in die aktuelle Debattenkultur über "Verzicht" ein. Prof. John von Düffel hat sich intensiv in seinen 2022 erschienenen Stundenbuch "Das Wenige und das Wesentliche" mit den Themen Askese und Verzicht auseinandergesetzt. Er arbeitet als Schriftsteller und Dramaturg, ist Professor für Szenisches Schreiben an der Berliner Universität der Künste und ab 2025 Intendant des E.T.A.-Hoffmann-Theaters in Bamberg. Dritter Gast ist Politologe, Ökonom und Leiter des Forschungszentrums für Nachhaltigkeit in Berlin Prof. Philipp Lepenies. In seinen Forschungen und in seinem neusten Buch beschäftigt er sich unter anderem mit der Politik aus dem Geiste des Unterlassens.
"WissenHoch2" – ein Thema, zwei Formate: Um 20.15 Uhr beleuchtet eine Dokumentation relevante wissenschaftliche Fragen; um 21.00 Uhr diskutiert Gert Scobel das Thema mit seinen Gästen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen.
Fotos zu WissenHoch2 finden Sie hier.
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Mainz, 21. November 2023