Papierwespen leben in kleinen Nestern mit bis zu 50 Weibchen. Sie erkennen sich an ihren Gesichtern © ZDF und Oliver Kratz

"WissenHoch2" über smarte Insekten und das faszinierende Phänomen Emergenz

Mit einer neuen Wissenschaftsdoku und einer neuen Ausgabe von "scobel"

Ob Wespen, Bienen, Hummeln oder Ohrwürmer: Ihre Gehirne sind winzig, doch sie sind hochintelligent. Sie können Gesichter erkennen, perfekt navigieren und schwierige Denkaufgaben lösen. Neueste Forschung zeigt: Wir haben Insekten lange unterschätzt. Hummeln etwa bestehen Verhaltenstests, die auch intelligente Krähen schaffen. Sie nutzen Werkzeuge, um an Zuckerwasser in einer Kunstblüte zu kommen. Im Rahmen von "WissenHoch2" zeigt 3sat die Wissenschaftsdokumentation "Smarte Insekten - wie winzige Gehirne Geniales leisten" am Donnerstag, 12. Oktober 2023, um 20.15 Uhr. Eine Reise in den Mikrokosmos der intelligenten Insekten. Im Anschluss, um 21.00 Uhr, geht es bei scobel um das faszinierende Phänomen der Emergenz. Für das Prinzip emergenter Systeme wie Bewusstsein oder Ameisenkolonien gibt es noch keine Erklärung, auch wenn es gut beschreibbar ist. Es beschreibt, wie aus einzelnen, gut erklärbaren Systemen überraschend komplexe und neue Eigenschaften und Strukturen entstehen können.

WissenHoch2
ab
Do 12. Okt
20:15 Uhr
Erstausstrahlungen

WissenHoch2
Donnerstag, 12. Oktober 2023, 20.15 Uhr
"Smarte Insekten - Wie winzige Gehirne Geniales leisten"

Film von Berndt Welz
Erstausstrahlung

Verhaltensbiologin Elizabeth Tibbetts wundert sich immer wieder, wie viel ihre Papierwespen lernen und verstehen. "Sie sind zwar keine Universalgenies wie Künstler, aber in ihren Bereichen sind sie brillant", sagt die Forscherin der Universität von Michigan. Die Tiere können Gesichter abspeichern, Kämpfe von Gegnerinnen analysieren und strategisch denken. Denksportaufgaben, die selbst Kleinkinder nicht lösen können, bewältigen sie. Hummeln, die mit ihnen verwandten Bienen und Papierwespen sind nur drei von fast einer Million Insektenarten weltweit. Aber bei diesen Spezies ist sich die Wissenschaft einig: Das Bild von roboterhaften Wesen ohne Intelligenz, die nur zum Fressen, zum gefressen werden oder zum Zeugen von Nachwuchs existieren, ist veraltet. Unter, über und neben uns leben winzige Tiere, die lernfähig sind und smart agieren, die Bilder, Formen, Farben und Erfahrungen in ihrem Gehirn abspeichern können. Lange Zeit war die Ansicht verbreitet, intelligentes Verhalten bei Insekten sei auch deswegen überflüssig, weil die meisten im Schnitt nur wenige Wochen leben. Ohrwurmbabys mit einer Lebenserwartung von circa einem Jahr lernen offenbar von ihren Müttern die richtige Brutpflege. Was noch überraschender ist: Insekten eines Geleges können sogar unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale ausprägen. Bei Meerrettichblattkäfern etwa sind manche mutiger als ihre Artgenossen. Und "Papierwespen sind so zickig wie die Protagonisten der Streaming-Serie 'Game of Thrones'", hat Evolutionsbiologin Elizabeth Tibbetts beobachtet. Die Tiere würden Intrigen schmieden, Kolleginnen verraten, und der Kampf um die Rolle der Königin würde bis aufs Blut ausgetragen. Dass die Welt der Insekten vielschichtiger ist als angenommen, hat offenbar einen Grund: Eine Spezies, deren Individuen divers sind, kann sich besser an Umweltveränderungen anpassen - und das ist ein evolutionärer Vorteil für das Überleben der Art.

 

WissenHoch2
Donnerstag, 12. Oktober 2023, 21.00 Uhr
"scobel – Emergenz: Das verborgene Prinzip des Lebens"
Erstausstrahlung

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile: Für das Prinzip emergenter Systeme wie Bewusstsein oder Ameisenkolonien gibt es noch keine Erklärung, auch wenn es gut beschreibbar ist. Die Wissenschaft beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem faszinierenden Phänomen der Emergenz. Es beschreibt, wie aus einzelnen, gut erklärbaren Systemen überraschend komplexe und neue Eigenschaften und Strukturen entstehen können. In der Natur begegnen wir diesem bemerkenswerten Phänomen nahezu überall: Ameisen, die in riesigen kollektiven Formationen ohne zentrale Steuerung agieren, Nervenzellen - jede einzelne von ihnen in unserem Gehirn ist ohne eigenes Bewusstsein, aber im Zusammenschluss bilden sie die Grundlage des menschlichen Bewusstseins. Wasser ändert seine Beschaffenheit und wird unter bestimmten Voraussetzungen gasförmig. Auch in Gesellschaft und Wirtschaft sind wir von emergenten Systemen umgeben: Das Prinzip zeigt sich in der Eigendynamik einzelner Gruppierungen bis hin zur Entstehung globaler gesellschaftlich-kultureller Phänomene wie Religion, Wirtschaft und sozialer Trends. Krieg und Frieden sind das Ergebnis emergenter Systeme. Aktuell wird das Emergenzprinzip im Zusammenhang mit Technologie und künstlicher Intelligenz immer bedeutender. Komplexe neuronale Netzwerke zeigen emergentes Verhalten, erkennen und erschaffen neue Muster ohne menschliches Zutun. So wird Emergenzforschung immer bedeutender. Sie kann helfen, das komplexe Zusammenspiel unserer Welt noch besser zu begreifen und mitzugestalten. Was weiß die Wissenschaft heute über dieses grundlegende Prinzip des Lebens? Werden wir es jemals vollständig entschlüsseln können? Weshalb ist es so bedeutend, wenn wir etwas verändern wollen? Darüber diskutiert Gert Scobel mit Viola Priesemann (Physikerin und Professorin für die Theorie neuronaler Systeme an der Universität Göttingen, Leitung der Forschungsgruppe "Theorie komplexer Systeme", Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation, Göttingen), Achim Stephan (Philosoph, Professor für Philosophie der Kognition an der Universität Osnabrück, Schwerpunkte Emergenz, Emotionen und Affektivität) und Stefan Thurner (Physiker und Komplexitätsforscher, Professor für die Wissenschaft Komplexer Systeme an der Medizinischen Universität Wien, Leiter des "Complexity Science Hub Vienna" und externer Professor am interdisziplinären "Santa Fe Institute", New Mexico, USA).

 

"WissenHoch2" – ein Thema, zwei Formate: Um 20.15 Uhr beleuchtet eine Dokumentation relevante wissenschaftliche Fragen; um 21.00 Uhr diskutiert Gert Scobel das Thema mit seinen Gästen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen.

 

Bilder finden Sie hier

Hauptabteilung Kommunikation
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Marion Leibrecht
leibrecht.mwhatever@zdf.de
Mainz, 22. August 2023